Schulpflicht? Erst mal nicht …

 

  • … weil die UN-Konvention und das Recht behinderter Kinder auf den Besuch einer Regelschule zwar auf dem Papier steht, aber in vielen Fällen in der Praxis noch nicht umgesetzt wird.
  • … weil mein Sohn ein Recht auf Chancengleichheit bekommen soll. 
  • … weil ich mich nicht damit abfinden will, dass mein Sohn mangels adäquater und seinen Begabungen entsprechenden Alternativen zu der letzten Schule auf eine Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung geschickt werden sollte.
  • … weil ich möchte, dass mein Sohn in die Gesellschaft integriert wird und am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann und dazu auch ein Gemeinsamer Unterricht gehört (denn wo sonst sollte er den Umgang mit Gleichaltrigen lernen können)
  • … weil es im Gegenzug keine Beschulungspflicht zu geben scheint.

Glücklicherweise haben uns in den letzten fünf Monaten zahlreiche Menschen zur Seite gestanden und ihre Unterstützung verbindlich zugesagt, so dass wir in dieser schwierigen Situation nicht alleine waren, auch, wenn wir von offiziellen Stellen alleine gelassen wurden bei der Suche nach einer geeigneten Schule.

Zuletzt hat uns die Lokalpresse auf unserem Weg geholfen und einen Beitrag veröffentlicht, der heute, am 17.04.2010 im Kölner Stadtanzeiger erschienen ist.

Schulpflicht? Erstmal nicht für Amir

Dass es auch anders geht, hat er mittlerweile an einem Gymnasium in Leverkusen erlebt, wo er ein paar Tage hospitieren durfte. Die Schule weiß, wie man mit autistischen Kindern umgeht. Vom „Landrat-Lucas-Gymnasium“ sei er „total glücklich“ nach Hause gekommen, sagt seine Mutter. Nun warten die beiden auf ein positives Signal der Schule. Als zweite Hürde müsste dann die Bewilligung eines Schulbegleiters durch das städtische Jugendamt genommen werden.

Das positive Signal der Schule haben wir mittlerweile.
Jetzt fehlt nur noch die Bewilligung des Antrags auf eine Schulbegleitung durch das Jugendamt. Ein entsprechendes Antragsschreiben liegt der Behörde seit dem 29. März 2010 vor.

Ab Donnerstag wird mein Sohn nach fünfmonatiger Zwangspause wieder Schulkind sein. Ich hoffe, dass ihm nicht ein nächster Stein seitens der Behörden in den Weg gelegt werden wird.

Zwei weitere Beiträge zu dem Thema gibt es bei ShortNews unter dem Titel:

Köln: Muss autistischer Schüler trotz Hochbegabung auf eine Sonderschule?

und hier:

Inklusion, Integration, individuelle Förderung

 

AKTUELL !!!

Heute, am 23.04.2010 erhielt ich ein Schreiben der Bezirksregierung Köln mit dem Hinweis auf die bestehende Schulpflicht und der Androhung von Zwangsmitteln. 

Merkwürdig, hieß es in dem Artikel im Kölner Stadtanzeiger noch:

Die Rechtslage ist eindeutig: Amir ist schulpflichtig. Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, drohen Sanktionen. Auf die will die zuständige Bezirksregierung in diesem Fall vorerst verzichten, denn trotz eindeutiger Rechtslage ist die Sache kompliziert.

Quelle: Schulpflicht besteht

Glücklicherweise besucht mein Sohn seit gestern die 6. Klasse eines Gymnasiums, so dass der Tatbestand einer Schulpflichtverletzung nicht mehr gegeben ist.

5 Gedanken zu „Schulpflicht? Erst mal nicht …

  1. Hallo,
    auch wir haben ein Asperger Kind und wohnen im Landkreis Ansbach. Unser Sohn ist im Moment 15 Jahre alt, und hätte noch ein halbes Jahr Schulpflicht.
    Leider sind wir kurz vor Weihnachten aus der Schule geflogen (private Montessori-Hauptschule), da wir bisher auch vom Jugendamt keinen Schulbegleiter bekommen haben. Die letzten 2 Wochen vor den Weihnachtsferien haben wir unser Kind krank gemeldet, und im Moment haben wir ja Ferien, aber wie soll es nach den Ferien weiter gehen. Unser Sohn soll laut Schulrat an die örtliche Regelschule (wieder ohne Hilfe). Da unser Kind unter einer massiven Angststörung leidet, befürchten wir dass unser Kind am 10. Januar vor der Schule steht und weint, wenn er überhaupt dazu zu bewegen ist, dort hin zu gehen.
    Vielleicht kann uns hier jemand helfen.
    viele Grüße
    Birgit Meldau

  2. Frau Rachelmann, ich möchte noch einmal Bezug nehmen auf Ihre Anmerkung bezüglich der Empathie bei Asperger-Autisten.
    Eines der wesentlichen Diagnosekriterien für das Asperger-Syndrom ist das Vorhandensein einer mangelnden Empathiefähigkeit. Was nicht bedeutet, dass Asperger-AutistInnen prinzipiell kein Mitgefühl zeigen können.
    Dazu ein interessanter Beitrag von Isabel Dziobek:

    Klicke, um auf pdf.pdf zuzugreifen

    Ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass ich Schwierigkeiten habe, mich in andere hineinversetzen zu können, zu fühlen, wie es ihnen geht und mein Verhalten dementsprechend anzupassen. Das führt immer wieder dazu, dass es Missverständnisse gibt und ich unbeabsichtigt ins Fettnäpfchen trete. Bei meinem Sohn beobachte ich genau das Gleiche. Gerade in der Schule fällt er immer wieder auf, weil er sich nicht in andere hineinversetzen, Mimik, Gestik und soziale Signale nicht erkennen kann, sich entsprechend nicht adäquat verhält und damit immer wieder aneckt.

    Mitgefühl zeigen, wenn es jemand schlecht geht und das nach außen hin ersichtlich ist, kann ich genauso, wie jeder andere Mensch auch. Allerdings fällt es mir häufig schwer, die richtigen Worte zu finden bzw. jemanden tröstend in den Arm zu nehmen.
    Ich biete da eher pragmatische Problemlösungen an.

    Herzlichen Gruß
    Sabine Kiefner

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  4. Liebe Frau Kiefer,

    eine Nachbarin, die unsere Geschichte kennt, hat mir gestern den Artikel aus dem Stadt-Anzeiger über Ihren Sohn und das Schul-Problem gegeben.
    Mein Sohn, inzwischen bald 14 und in der 7. Klasse des Humboldt-Gymnasiums hier in Köln im Musik-Zweig, ist einer derer, bei denen, wie die Schulbehörde im blauen Kasten zitiert wird, den Weg an ein normales Gymnasium geschafft hat.
    Ein weiterer Asperger mit massiver Hochbegabung ist mein inzwischen 21-jähriger Sohn, der hier in Köln an der Universität Physik studiert.
    Wenn Sie das lesen, werden Sie sich ungefähr vorstellen können, was ich so hinter mir habe ….. – Denn Ihre Odyssee durch die Instanzen haben wir auch hinter uns!
    Mein Großer war relativ wenig auffällig in der Schule – er war einer der völlig in sich zurückgezogenen „Träumer“. Dennoch war die Schullaufbahn für ihn teilweise sehr qualvoll, und für mich ein Alptraum. Damals war das Asperger-Syndrom noch überhaupt kein Thema, und selbst Hochbegabung, auf die mittlerweile Lehrer und Schulen ganz gut vorbereitet scheinen, war an dem Gymnasium im hessischen Idstein, wo wir damals noch lebten, ein blinder Fleck: Solche Kinder kamen normalerweise gar nicht auf ein Gymnasium, sondern landeten, oft mit Ritalin vollgepumpt, auf der Hauptschule, wenn nicht gar auf einer Sonderschule. Die Lehrer waren überwiegend verständnislos. Ich würde nicht sagen, dass es Asperger-Autisten an Empathie fehlt – meine Erfahrung ist vielmehr, dass sie völlig anders wahrnehmen, und dass eher „normale“ Menschen keinerlei Empathie-Fähigkeit für andersartige Persönlichkeiten haben – so die meisten Lehrer damals zumindest. –
    Da mein kleiner Sohn schon im Kindergarten auffällig wurde („Ausbrüche“, wie es auch im Artikel über Ihren Sohn heißt … – teilweise heftig aggressiv reagierend auf mobbende andere Kinder), versuchte ich gar nicht erst, ihn normal einzuschulen. Als er 5 Jahre alt war, gab es eine Untersuchung in der Jugendpsychiatrischen Ambulanz, die sich über viele wöchentliche Besuche erstreckte und dennoch ergebnislos blieb, zusätzlich eine ergotherapeutische Diagnose und Therapie auf Wahrnehmungsstörungen. Ich gründete damals in Idstein extra für ihn eine Schule, und weil das im ersten Anlauf nicht gleich klappte, ließ ich ihn ein Jahr zurückstellen, obwohl er intellektuell sicher mehr als schulfähig war. Dieses Jahr, in dem ich ihn mit einem anderen Jungen allein dreimal wöchentlich privat betreuen und ansonsten zu Hause ließ, gab ihm wieder etwas Ruhe und Selbstvertrauen zurück, dennoch war er schon mit den nur insgesamt 20 Kindern unserer „Zwergenschule“, in die er dann schließlich eingeschult wurde, völlig überfordert. Wieder heftige Ausbrüche … – Und im 2. Jahr das von der Schulleitung erzwungene „Untersuchungsverfahren auf sonderpädagogischen Bedarf“. Dieses zog sich wiederum über Monate hin, da der untersuchende Sonderpädagoge unseren Sohn nie aggressiv erlebte – sein Verhalten war damals extrem unterschiedlich, je nachdem, mit welcher Art von Persönlichkeit er konfrontiert war. Schließlich gab es Entwarnung für uns. Eine Lerntherapeutin, die wir in der Zwischenzeit in Königstein gefunden hatten, hatte David geholfen, mit seinen Aggressionen bewusster umzugehen, so dass er innerhalb kürzester Zeit kaum noch dadurch auffiel. Allerdings entwickelte er von da an umso mehr die typischen Asperger-Symptome, die uns damals jedoch noch gar nicht als solche bekannt waren.

    Im Sommer 2007 zogen wir nach Köln zurück (ich bin Kölnerin!). Der Zeitpunkt bot sich an, da mein Großer zeitgleich mit dem Grundschulabschluss des Kleinen sein Abitur machte – übrigens ein überdurchschnittlich gutes, trotz seiner Problematik, wenn auch längst nicht so überragend, wie es ohne diese bei seiner Intelligenz hätte sein können. (Auch ihn ließen wir im Zuge der Untersuchungen unseres Kleinen einmal untersuchen, wobei eine extreme Hochbegabung festgestellt wurde, in Teilbereichen über die 160 hinaus, bei denen die Skala endet). Die Schwerpunkte seiner vor allem mathematisch-naturwissenschaftlich ausgerichteten Wahlfächer und die Musik, die ihn gerettet hat, haben schließlich die letzten drei Jahre an der Schule für ihn noch zu einer sogar schönen Zeit gemacht. –

    Unseren kleinen Sohn konnten wir – allerdings mit der Empfehlung für das Gymnasium, die Ihrem Sohn wohl fehlt – am Musikzweig des Humboldt-Gymnasiums unterbringen. Dies war nicht auf dem normalen Weg geschehen, denn trotz der, wie es hieß, „überragenden Fähigkeiten am Instrument“ (Schlagzeug) hatte er die Aufnahmeprüfung zunächst nicht bestanden, weil er nicht singen konnte. Wir nahmen zwar eine Wohnung extra im Einzugsbereich dieser Schule, weil wir uns von dem hohen Anteil von Kindern mit besonderer musikalischer Ausprägung dort weniger Probleme versprachen. Dennoch wurde er auch nicht in eine der allgemeinen Klassen aufgenommen, da alle bereits voll waren. Wir lebten damals noch in Idstein, und als der Bescheid kam, fuhr ich völlig aufgelöst nach Köln und schilderte heftig weinend der zuständigen Lehrerin unsere besondere Situation mit den massiven Problemen unter normalen Kindern – dass unser Sohn Asperger-Autist war, wussten wir ja selbst noch nicht. Sie hat es wohl so eingeordnet, dass er lediglich hochbegabt sei, und hat noch durchgesetzt, dass er doch im Musikzweig einen Platz bekam. –
    Die erste Zeit am Gymnasium war wohl eine grenzenlose Überforderung … – Er kam aus einer Schule, die bis zuletzt nur insgesamt 36 Schüler in 3 Gruppen hatte, das Humboldt-Gymnasium hat an die 1200 Schüler, und in der überfüllten Klasse fast ebenso viele wie in seiner gesamten Grundschule! Dazu kam der für ihn, nach der Montessori-Schule, ganz neue Frontalunterricht mit Sitzen auf festem Platz, die stündlich wechselnden, zunächst alles fremden Lehrer, die Kinder ebenfalls alle fremd … – Sie als selbst Asperger-Autistin mit einem ebensolchen Sohn wissen, was das bedeutet.
    Ich wurde bereits nach drei Wochen erstmals zu einem Lehrergespräch zitiert.
    Die zwei Klassenlehrer plus „Orientierungsstufen-Koordinatorin“ empfingen mich frostig, insbesondere letztere, die sich offensichtlich für die Aufnahme unseres „missratenen“ Sohnes verantwortlich und von mir hintergangen fühlte. In den Monaten nach dem Gespräch, das ich mit ihr geführt hatte, hatte ich eine Dokumentation über Savants im TV gesehen, in der eine Beziehung hergestellt wurde zwischen Genie und Auffälligkeiten im Sozialverhalten, die inzwischen oftmals mit dem Asperger-Autismus diagnostiziert werden. In der Vorstellung dieser Symptome erkannte ich zum ersten Mal meinen Sohn, meine Söhne wieder … – Ich war sehr erleichtert, dass ich nun endlich wusste, womit wir es also zu tun hatten! Doch als ich arglos meine bisher nur selbst gestellte Diagnose bei diesem Schul-Gespräch thematisierte, war das ein schwerer Fehler: Die Lehrer reagierten bestürzt und fassungslos, dass ich ihnen also ein behindertes Kind untergejubelt hätte. (Dass ich zu der Zeit, als unser Sohn angemeldet wurde, selbst noch keine Ahnung vom Asperger-Syndrom gehabt hatte, glauben sie mir wohl bis heute nicht!) —

    Kurz: Wir haben also auch hier einen keineswegs leichten Weg hinter uns gebracht! Aber: Jeder Aufwand, den ich betrieben habe, hat sich gelohnt. Ohne dass zunächst irgend jemand, mit dem wir zu tun bekamen, die richtigen Wege gekannt hätte, arbeitete ich mich durch die Behördengänge – wobei das Hauptproblem war, dass wir ja noch gar keine Diagnose hatten! Denn diese zu bekommen war aufgrund der Wartezeiten für die Diagnostik ein bedeutender Stolperstein. – Schließlich, mit einer Mischung von Freundlichkeit und Schärfe, aber vor allem immer großer Beharrlichkeit, haben wir wirklich alle Hilfen bekommen, die es derzeit hier gibt. Die Therapie im AutismusTherapieZentrum nimmt unser Sohn seit gut anderthalb Jahren, vor allem ist aber auch die Zusammenarbeit des ATZ mit der Schule sehr entlastend und hilfreich für uns gewesen (Eltern werden von Lehrern nie wirklich ernst genommen!). Einen Schulbegleiter zu bekommen, war weniger ein Problem von Seiten des finanzierenden Jugendamtes, als der Schule und der Lehrer, die – und darauf muss man sich einfach grundsätzlich an Gymnasien gefasst machen – chronisch überlastet sind und daher überwiegend jeden zusätzlichen Zeit- und Arbeitsaufwand abwehren.
    Der schließlich zu Beginn dieses Schuljahres noch eingesetzte Schulbegleiter ist für unseren Sohn sicher längst nicht mehr so wichtig, wie er es in Ihrem Fall wohl wäre. Dennoch hat er auch dazu beigetragen, dass eine weitere Entspannung durch ein zunehmendes Gefühl von Sicherheit für unseren Sohn eingetreten ist. So ist er inzwischen nicht nur wirklich gut in der Gruppe integriert – wobei meine Rechnung mit den ebenfalls zum großen Teil nicht „normalen“ Schülern im Musikzweig völlig aufgegangen ist! -, sondern kann auch endlich seine Qualitäten zeigen. Er wird inzwischen von praktisch allen Lehrern als sowohl leistungsmäßig als auch sozial voll integriert wahrgenommen! Und das für mich Wichtigste: Es geht ihm wirklich gut dort, so gut, wie es überhaupt einem Kind in diesem schlechten Schulsystem gehen kann. –

    Liebe Frau Kiefner, ich habe diesen langen Erfahrungsbericht nur deshalb geschrieben, um Ihre Ängste zu besänftigen, und die vielleicht auch noch etwas bestehende Bitterkeit. Ich kenne beides sehr gut! Doch halte ich aus meinen Erfahrungen Ihre Befürchtungen für unbegründet. Den wohlmeinenden, aber eher Panik statt Unterstützung liefernden vorherigen Beitrag sollten Sie möglichst nicht zu ernst nehmen. Tatsächlich habe ich gerade im Jugendamt sehr viel positive Anteilnahme gefunden! – Eine Persönlichkeit, die voller Ängste ist, zieht allerdings negative Erfahrungen an, die die eigene Überzeugung einer ungerechten und gefährlichen Welt bestätigen. Auch das ist ein Teil meines eigenen Erfahrungsschatzes! Ich habe jedoch gelernt, dass meine Ängste eine falsche Überzeugung waren.
    Ich bin selbst auch im autistischen Spektrum, und ich nehme immer mehr wahr, dass ich wirklich anders bin, weil sich dies durch meinen Beruf vertieft. Zum Glück kann ich das Glück sehr bewusst wertschätzen, das ich durch meine Arbeit und mit meinen Söhnen erlebe, denn ich habe meine Söhne nie als problematisch empfunden, immer nur ihre Besonderheit im Guten gesehen. Daher kann ich immer besser damit leben, auch wenn ich fühle, dass ich in der äußeren Welt weniger Akzeptanz finde.
    Das wünsche ich Ihnen auch von Herzen!
    Ich muss übrigens für uns zu dem zweiten Artikel auf der Seite des KStA, „Auch Kleinigkeiten können ein Riesenchaos auslösen“ (oh ja!), berichtigend hinzufügen:
    Es fehlt Asperger-Autisten nicht an Empathie.
    Meine Söhne haben eher sogar ein Übermaß an Mitgefühl, so dass sie dadurch emotional überfordert sein können. Außerdem nehmen sie – ich übrigens auch! – Menschen wesentlich ganzheitlicher, tiefer wahr, was zu Verwirrung führt, da die Menschen sich oft ganz anders geben und darstellen, als sie tatsächlich sind. Das wird meiner Ansicht nach mit mangelnder oder gar fehlender Empathie falsch eingeordnet! In der Welt der „Normalen“ sind Mimik, Gestik und Verhaltensweisen, die nicht wirklich identisch sind mit dem tatsächlichen Befinden und Sein, normal und werden positiv bewertet.

    Ich habe inzwischen meine aus eigener Erfahrung gewonnenen Kenntnisse einer Eltern-Selbsthilfe-Organisation, die kürzlich an unserer Schule gerade ins Leben gerufen wurde, hilfestellend angeboten. Selbstverständlich können auch Sie gern mit mir in Kontakt treten, wenn Sie möchten!

    Mit herzlichem Gruß,
    Regine Rachelmann

  5. Liebe Sabine!

    Wie alt ist Dein Sohn?
    Die Thematik Schulpflicht ist ja momentan ein sehr heißes Eisen – es sind zunehmend mehr Familien auf der Flucht vor ihr im Ausland.
    Ich hoffe sehr, dass bei Euch alles gutgeht und dass Ihr einen guten Weg findet.

    Bei Ansbach gibt es eine Mutter mit einem autistischen Sohn, den die Schule in der 4. Klasse vom Unterricht ausschloss. Die Mutter, gelernte Heimerzieherin, unterrichtete ihn daraufhin mit Erfolg (in möglichem Maße) selber.
    Dann stellte sie einen Antrag auf einen Lernhelfer ans Jugendamt. Dieses registrierte dadurch den Heimunterricht, schickte einen Hauslehrer, der sich nicht sehr „vorteilhaft“ verhielt und den der Junge (damals 13) klar ablehnte. Das JA sagte, dazu hätte ihn die Mutter bewegt… .
    Und dann ging’s vor’s JA – drohender Sorgerechtsentzug – obwohl der Junge sich unter der Förderung durch die Mutter gut entwickelte, was eine Schule nie in der Individualität hätte leisten können.

    Inzwischen ist der Junge, nun 16 Jahre alt, im Ausland bei Freunden – mit dem Damoklesschwert des Sorgerechtsentzugs wollte die Familie nicht mehr leben.

    Die Tochter meiner Freundin bei Heilbronn, ein sehr kreatives, freiheitsliebendes Mädchen, das auch schon mal die „Asperger-Diagnose“ gestellt bekommen hat (in der Psychiatrie-Zeit, s.u.), kam wegen zunehmender Schulverweigerung, gegen die die Mutter als Alleinerziehende mit knappen Mitteln nicht ausreichend tun konnte – das Jugendamt (JA) tat NICHTS Praktisches! – im Sept. 2007 für 5 Monate „zur Abklärung“ in die Psychiatrie.

    Jetzt lebt sie seit über 2 Jahren, direkt nach der Psychiatrie-Zeit, (zwangsweise) im Heim, 80 km von der Mutter entfernt, mit extrem eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten. Telefonate 2 x wöchentlich zum Teil unter 5 Minuten, sehr restriktive Besuchsregelungen.
    Das Sorgerecht wurde der Mutter unter kräftigem Zutun des JA entzogen zugunsten des Vaters. Die Eltern leben in Scheidung, der Vater hat aber keinen guten Draht zu dem Mädchen, das der Mutter rein äußerlich schon sehr ähnlich ist, und auch vom Temperament her.

    Das Kind ist gerade 13 geworden –
    ein Mädchen, das durch Betreiben von Jugendamt und „Staatsmacht“ (Gerichte und „Gutachter“) ohne ihre Mama und ihre Geschwister (sie hat noch 2 jüngere Schwestern und 2 ältere Brüder) aufwachsen muss!

    Die Situation ist unendlich schwer für die Familie.

    Und sie ist bei weitem nicht die einzige Familie in Deutschland in so einer Situation.
    Wenn man in unserem Land etwas von der Norm abweicht, ist man schon in Gefahr… .

    Das JA sitzt klar am längeren Hebel –
    da sitzen die „wahren Experten“.
    Leider kann später von denen niemand für die Folgen ihres Handelns bei den Betroffenen verantwortlich gemacht werden – sie sind per Gesetz geschützt!

    Heimkinder haben die allerhöchste Wahrscheinlichkeit, im Kindes- und Jugendalter Depressionen zu bekommen (Prof. Laux, Leiter der Inntal-Klinik für Pschosomatik und Gesundheitsmedizin).
    Auch die Selbstmord- und Todesraten sind erhöht.

    Die familiären Bindungen werden abgekappt oder extrem gestört und eingeschränkt – bis sogar hin zum totalen Abbruch – wenn die Eltern zu „unbequem“ sind.

    Hoffentlich findet Ihr für Euch einen richtig guten Weg!
    Und ich hoffe auch für meine Freundin, dass diese schreckliche Trennung bald ein Ende haben wird. Aber es ist hart, sehr hart.

    Viele Grüße für heute, alles Gute für Euch!!!

    Almut

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